18.03.2023 Erinnern & Kraft schöpfen: Workshop und Abendprogramm anlässlich des Internationalen Tages gegen Polizeigewalt in Frankfurt/Bockenheim

copwatchffm lädt ein! Wir sind eine kleine Gruppe, die seit 10 Jahren Menschen unterstützt, die Racial Profiling & Polizeigewalt erleben.

Statt einer Kundgebung zum #1503 laden wir dieses Jahr am 18.03.2023 zu einem alternativen & widerständigen Erinnern ein. Wir wollen gemeinsam abhängen & Kraft schöpfen.

Kurzer Workshop 16:30-18:30 Uhr für Betroffene von Racial Profiling und rassistischer Polizeigewalt, Anmeldung via dm über Social Media oder per E-Mail (info at copwatchffm.org). Der Ort wird nach der Anmeldung bekannt gegeben, ist aber zentral in ffm.

Ab 19:00 Uhr öffentliches Abendprogramm für alle! Bringt eure Friends & Comrades mit! Wenn Du einen kreativen Impuls (Spoken Word, Song etc.) beisteuern möchtest, freuen wir uns über deine Nachricht. Vor Ort wird es auch spontan ein Open Mic geben. Das Abendprogramm wird in Frankfurt/Bockenheim stattfinden, Raumdetails folgen <3

Wieso Polizeimeldungen keine neutrale Quelle darstellen

Polizeimeldungen sind keine neutrale Quellen. Es handelt sich vielmehr um Pressemitteilungen einer staatlichen Einrichtung, z. B. einer Polizeiinspektion, eines Polizeipräsidium oder einer Kreispolizeibehörde. Daher sind ‚Blaulicht‘-Meldungen ein Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit, hinter der immer eine eigene Agenda und Interessen stehen.

Die Polizei ist selbst Akteur*in ihrer Meldungen. Eine differenzierte Berichterstattung liegt daher nicht in ihrem Interesse. Die Polizei ist parteiisch. Und ihre Pressemitteilungen sind es selbstverständlich auch.
Polizeimeldungen sollten kritisch geprüft werden. Es handelt sich nicht um objektive Tatsachenberichte, sondern um eine subjektive Darstellung einer Partei, die selbst in einen Vorgang involviert ist.

Leider nutzen viele Medien Polizeimeldungen als „privilegierte Quellen“ und übernehmen die Informationen oft völlig unkritisch. Teilweise werden die Meldungen auch einfach komplett kopiert oder lediglich etwas sprachlich angepasst. Dadurch werden Narrative der Polizei unhinterfragt weiterverbreitet.

Dass diese Übernahme der Polizeiperspektive auch bis in die höchsten Ebenen politischer Amtträger*innen geht, haben wir am Beispiel des Mordes von Mouhamed Lamine Dramé durch die Dortmunder Polizei gesehen. Erst durch die unermütliche Arbeit für Aufklärung und Gerechtigkeit des Solidaritätskreises und kritischen Medienberichten konnte gezeigt werden, dass von Mouhamed keine Gefahr ausging und es sich nicht um eine Notwehrhandlung der Polizei handelte. Gibt es jedoch keine Videoaufnahmen oder zufällige Beweise, wie der Telefonmitschnitt des Notrufes in Dortmund, bleibt die Polizeidarstellung quasi ausnahmslos unhintefragt.

Als Exekutive sollten Pressemitteilungen der Polizei mindestens genauso kritisch eingeordnet und hinterfragt werden, wie Pressemitteilungen von Ministerien & Politiker*innen. Informationen über im Einsatz mutmaßlich verletzte Polizeibeamt*innen oder die vermutete Gewaltbereitschaft einer angemeldeten Versammlung berühren immer auch polizeiliche Interessen wie die personelle Ausstattung oder die Rechtfertigung von Maßnahmen. Die Polizei ist eine gesellschaftliche Akteurin, die nicht gerade für ihre Selbstreflexion und das Zugeben von Fehlern & Missständen bekannt ist, sondern ihre eigene Agenda verfolgt.

In den Sozialen Netzwerken kommuniziert die Polizei außerdem auch häufiger direkt mit Follower*innen. Viele Polizeistationen haben inzwischen eigene Social-Media-Teams. Auf Twitter und Co. präsentieren sich die Beamt*innen als jung, locker und jugendlich, um Stimmung und Meinung zu machen. Die Polizei hat keinen behördlichen Auftrag mit Ironie und lustigen Geschichten in Sozialen Netzwerken für Unterhaltung zu sorgen.

Polizeimeldungen und insbesondere Social Media Beiträge der Polizei sind ein eigenes Medianangebot, mit denen diese Institution Nutzer*innen unmittelbar erreicht. Anordnungen, lustige Videos, Empfehlungen und kuratiere Inhalte stehen nebeneinander. Dadurch kommt es zu einer Vermischung von behördlichen Informationen und PR. Umso wichtiger ist daher eine journalistische Kontextualisierung der polizeilichen
Öffentlichkeitsarbeit.

Die Polizei verbreitet in ihren Pressemitteilungen auch Falschmeldungen. Und sind diese erstmal publiziert und von anderen Medien umhinterfragt kopiert, kann dies gerade für Betroffene von rassistischer Polizeigewalt sehr belastend sein.

Wir fordern:
– Medien sollen nicht als Verteiler für Polizeimeldungen fungieren.
– Kritische Berichterstattung über Fälle von Polizeigewalt.
– Eigene Recherche von Journalist*innen statt bloßes Abschreiben.
– Die Einhaltung journalistischer Sorgfaltspflicht.
– Solidarität für Betroffene von rassistischer Polizeigewalt in den Kommentarspalten von unkritisch übernommenen Polizeimeldungen.

Ausstellung „Mixtape Migration“

Der virtuelle Stadtrundgang „Mixtape Migration“ von turn the corner e. V. ist nun auch als Ausstellung verfügbar. Touren durch Frankfurt können außerdem hier gebucht werden.

Danke für die tolle Zusammenarbeit <3

Über Mixtape Migration

Was bedeutet es heute, nach Frankfurt zu migrieren, anzukommen, zu leben und zu arbeiten? Welche Erfahrungen machen Menschen in ihrem Alltag, in Behörden, bei der Arbeit oder auf der Suche danach? Welche strukturellen Ausgrenzungsmechanismen gibt es und welche Handlungsspielräume erkämpfen sich Menschen? An welchen Orten manifestiert sich Migration im Stadtbild? 

Mixtape Migration geht diesen Fragen auf einem virtuellen Stadtrundgang zu migrantischem Leben und Arbeiten in Frankfurt am Main nach. Gestaltet von und mit Frankfurter*innen, die hierher migriert sind. Migration ist seit jeher integraler Bestandteil der Frankfurter Stadtgesellschaft. Doch nach wie vor gilt Migration als ein Problem, das es zu lösen gilt. Oft wird über migrierende Menschen anstatt mit ihnen gesprochen. In Mixtape Migration kommen Betroffene und Aktivist*innen zu Wort und erzählen von Ausgrenzungen, Diskriminierungen und dem Kampf dagegen.

04.08.2022 Demo von BeHeardFfm #Nein zu Stefan Müller

Statement zur Problematik Stefan Müllers als Polizeipräsident und zu den Hausdurchsuchungen bei Frankfurter Polizeibeamten

Als Gruppe copwatch ffm möchten wir uns zu den Geschehnissen der letzten Tage innerhalb der Frankfurter Polizei positionieren.

Am 25. Juli wurde Stefan Müller zum neuen Polizeipräsidenten ernannt. Dieser war nach dem SEK Skandal, in dem im Juni 2021 extrem rechte Chatgruppen in den Reihen des sogenannten Spezialeinsatzkommandos der Frankfurter Polizei an die Öffentlichkeit gelangten, als Leiter eines Expertenstabs eingesetzt, der diesen Vorfall „aufarbeiten“ und die Einheit wieder neu aufstellen sollte. In dieser Position ist Stefan Müller mit einer zutiefst rassisistischen Äußerung aufgefallen, in der er sich in Verwendung des N-Worts auf das rassistische Kinderlied „Zehn kleine N….“ bezieht.

Eine Entschuldigung Müllers genügte, um ihm den Posten trotzdem zu überreichen. Ein Jahr später wurde Stefan Müller zum Polizeipräsidenten ernannt, obwohl es schon im Vorfeld Protest und eine Petition gegen seine Ernennung gab. Dass er seit vergangenem Montag trotzdessen das Amt des Polizeipräsidenten besetzt, nehmen wir nicht wortlos hin! Wie soll ein Mensch, der rassistischen Begriffe und Vergleiche für sagbar befindet, dazu geeignet und in der Lage sein, Rassismus innerhalb seiner Behörde aufzuarbeiten? Konsequent wäre einzig und allein eine ernsthafte Auseinandersetzung Stefan Müllers mit Rassismus und die damit verbundene Abgabe des neuen Amtes.
Besonders für Schwarze Menschen, People of Colour und migrantische Personen bedeutet ein Polizeipräsident im hessischen Polizeiapparat, der trotz rassistischer Äußerungen in seiner Position bleibt, eine weitere Verunsicherung durch die Polizei. Denn es zeigt wieder einmal – rassistische (Gewalt-)handlungen haben für die Täter*innen keine Folgen, nicht für Beamt*innen, die Racial Profiling betreiben, nicht für den Polizeipräsidenten, der den rassistischen Diskurs innerhalb der Polizei mit seinen Worten befeuert

Deshalb schließen wir uns Einzelpersonen und Gruppen wie Beheardffm an, die diese Ernennung skandalisieren und einen Rücktritt Stefan Müllers fordern.

Dass Skandale um rassistisches Denken und Handeln innerhalb der Frankfurter Polizei keine sogennannten „Einzelfälle“ sind, war für uns, wie für viele, die seit Jahren gegen Polizeigewalt und Rassismus im Raum Frankfurt aktiv sind, keine Überraschung. Am 29. Juli hat das Frankfurter Polizeipräsidium wieder für Aufsehen gesorgt, nachdem Wohnungen von fünf Polizeibeamten durchsucht wurden. Auch dieses mal, wie vor einem Jahr in den Reihen des SEK, gaben Chatgruppen den Hinweis auf extrem rechte Gesinnung innerhalb der Polizei. Dass vermutlich auch Vorgesetzte der Beamten involviert waren, macht für uns nur noch deutlicher, was wir immer wieder betonen: Es gibt ein strukturelles Problem mit Rassismus und Rechtsextremismus in der hessischen Polizei. Es zieht sich durch alle Ebenen der Institution. Die Verantwortung weiter bei Einzelpersonen zu suchen, verschiebt die Gewalt der Institution Polizei auf das uniformierte Individuum. Dieses ist jedoch nur Teil eines Polizeiapparats, der seit jeher für die Kriminalisierung und Gewalt gegen mittellose, migrantische, Schwarze Menschen und PoC steht. Gewalt, Rassismus und Rechtsextremismus sind keine Ausnahmen polizeilichen Funktionierens sondern grundlegender Teil der Polizei.

Wir als copwatch ffm befürworten es, wenn sich eine Einheit wie das SEK auflöst und wenn Beamt*innen nach der Veröffentlichung von ihrem extrem rechten Gedankengut zur Verantwortung gezogen werden. Genauso, wie wir für die Auflösung anderer Polizeieinheiten stehen, die für marginalisierte Gruppen stets Gewalt auf vielen Ebenen bedeuten.

Durch die Polizei wird alltägliche Gewalt gegenüber marginialisierten Gruppen ausgeübt, was immer wieder auch den Tod für besonders arme und migrierte Schwarze Menschen und People of Color bedeutet: Für Christy Schwundeck, für Oury Jalloh, für Qosay Sadam Khalaf und für einen 47-jährigen Mann mit psychischer Krankheit aus Mannheim im Mai diesen Jahres – und für so viele mehr!

Es reicht nicht, hin und wieder extrem rechte Beamt*innen zu entlassen. Es reichen keine Entschuldigungen der Beamten und es genügt auch nicht, sich als neuer Polizeipräsident der Frankfurter Polizei von extrem rechten, rassistischen Vorfällen „betroffen“ zu zeigen. Vielmehr sehen wir, dass die Polizei, und dabei tut sich die hessische Polizei besonders hervor, von rechtsextremen Netzwerken durchzogen ist.

Wir setzen uns weiterhin für eine lückenlose Aufklärung aller rechtsextremen Netzwerke in der Polizei ein und fordern Konsequenzen, die heißen: Weniger Ressourcen, weniger Rechte & Kompetenzen und weniger Waffen für die Polizei, anstatt immer wieder Steigerungen in Budget und Personal.

Deshalb fordern wir in Reaktion auf die letzten Geschehnisse in der Frankfurter Polizei:

  • Einen Rücktritt des Polizeipräsidenten Stefan Müller.
  • Eine konsequente Auflösung rechter Polizeistrukturen, statt Umgestaltung oder Neu-Strukturierung, die das Polizeiproblem einfach nur verschieben.
  • Unabhängige Beschwerdestellen, die rassistische Vorfälle durch Polizeibeamt*innen dokumentieren und im Interesse der Betroffenen handeln.