Redebeitrag von Copwatchffm

Liebe Verbündete,

wir als Copwatch Frankfurt möchten zuallererst den Angehörigen und Freund*innen von Biriq, der vor zwei Jahren hier im Frankfurter Bahnhofsviertel von der Polizei erschossen wurde, unser tiefes Beileid aussprechen. Wir wollen heute gemeinsam Biriq Gedenken und stehen solidarisch an der Seite der Angehörigen und allen Menschen, die von Rassismus und Polizeigewalt betroffen sind.

In Erinnerung an jeden Menschen, der von der Polizei verletzt und getötet wurde, sagen wir: Kein Vergeben, kein Vergessen!

Als Copwatch Frankfurt organisieren wir uns seit über 10 Jahren gegen rassistische Polizeigewalt und bieten eine Anlaufstelle für Betroffenen und Zeug*innen. Wir haben eine Telefonhotline, bieten eine Infostelle an und unterstützen bei Anwaltskosten. Rassistische Polizeigewalt geht uns alle an, auch wenn wir unterschiedlich davon betroffen sind. In der kapitalistischen Gesellschaft dient die Polizei vor allem dem Schutz des Kapitals und der weißen Vorherrschaft. Dabei ist rassistische Polizeigewalt Ausdruck von institutionellem Rassismus, der sich über alle Institutionen in diesem System erstreckt. Grundlose Kontrollen, Pauschalverdacht, physischer und psychische Gewalt insbesondere gegen migrantisierte Personen und BiPoc sind keine Einzelfälle. Nein, sie haben System!

Rassistische Polizeikontrollen haben System. Sie sind keine Einzelfälle, sondern Ausdruck eines rassistischen und kapitalistischen Staats, indem einige Leben weniger zählen als andere.

Viel zu oft enden Einsätze der Polizei für von Rassismus betroffenen Personen tödlich. So auch bei Biriq, der sich in einer psychischen Ausnahmesituation befand, als das SEK mit etwa 80 Personen anrückt, um sein Zimmer im Moselhotel zu stürmen. Sie hetzten einen Hund auf ihn und schießen mehrfach auf ihn, bevor ihn ein Schuss tödlich in den Kopf trifft.

Bevor er von der Polizei getötet wurde, hatte er zwei Sexarbeiter*innen bedroht. Verschiedene Formen von Gewalt stehen selten allein, sie sind Ausdruck von einem rassistischen, patriarchalen und kapitalistischen System, in dem Menschen von verschiedenen Formen der Unterdrückung betroffen sind.

Patriarchale Gewalt ist überall zu finden und wird in den seltensten Fällen bestraft. Jedoch ist für uns klar, wir verurteilen jede Form von patriarchaler Gewalt, gleichzeitig rechtfertigt nichts die darauffolgende tödliche Polizeigewalt.

In den Worten von Biriqs Bruder: „Es gibt keinen Grund, jemanden zu töten. (…) fünf Schüsse abzugeben und auch per Kopfschuss, das hätte nicht sein müssen, absolut nicht.“

Das ausgerechnet ein Schwarzer Mann in diesem Zusammenhang getötet wird, ist kein Zufall und Ausdruck des rassistischen Narrativs, dass Schwarze Männer und Männer of Color eine Bedrohung seien. Andere wiederum geraten nicht ins Visier der Polizei.

Mit welchen Vorstellungen über die Personen gingen sie in den Einsatz? Hat der Umstand, dass sie sich mit einer migrantisierten und rassifizierten Person konfrontiert sahen, die Entscheidung beeinflusst? Wie kann es sein, dass die Polizei direkt mehrmals schießt und dabei einen tödlichen Schuss abfeuert? Wie kann es sein, dass ein riesiges SEK Kommando Zimmer stürmten, obwohl die Sexarbeiter*innen zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Stunden nicht mehr vor Ort waren?

Die Antwort liegt im institutionellen Rassismus der Polizei. Die Polizei bedeutet für viele keine Sicherheit. Tatsächlich bedeutet sie Bedrohung der eigenen Sicherheit, eine Bedrohung des eigenen Lebens. Dies gilt besonders für arme und geflüchtete Menschen, People of Color, Schwarze, migrantisierte, wohnungslose Menschen, Sexarbeiter*innen, und von der Gesellschaft behinderte Menschen sowie Menschen, die sich in psychischen Ausnahmesituationen befinden. IMMER und IMMER WIEDER.

Wir sind heute hier in kraftvollem Gedenken an Biriq und alle anderen Menschen, die durch rassistische Polizeigewalt aus dem Leben gerissen wurden! Und wir sind wütend!

Innerhalb von nur 7 Tagen nach der Tötung von Biriq, wurden drei weitere Menschen von der Polizei getötet. Jozef Berditchevski in Köln, Mouhamed Dramé in Dortmund und eine weitere Person, deren Name nicht öffentlich bekannt ist, bei Recklinghausen. Ihnen allen wollen wir heute Gedenken. Wir erinnern und fordern: die Aufarbeitung und Aufklärung!

Das sind keine Einzelfälle. Am 3. Juni wurde auf den 19 Jährige Bilel in Herford 34 Mal geschossen, 6 Schüsse trafen seinen Körper. Wir sind solidarisch mit allen Initiativen, die sich für die Aufklärung und Aufarbeitung dieser rassistischen Polizeigewalt einsetzten.  

Wir fordern heute hier, laut und wütend:

EIN ENDE ALLER RASSISTISCHEN POLIZEIKONTROLLEN! Gerechtigkeit für alle von rassistischer Polizeigewalt betroffenen Personen! Wir fordern Aufklärung und Unterstützung für Betroffene und ihre Angehörigen! Wir fordern eine Stärkung von Institutionen und Orten die tatsächliche Sicherheit bedeuten und Schutz bieten: Beratungsstellen, unterstützende Kollektive, Frauenhäuser und Jugendzentren. Wir sagen DEFUND THE POLICE und Investition in soziale Sicherheit. No Justice no peace, abolish the police.