Anmerkung: Unser Statement stellt in keiner Weise eine Einordnung der aktuellen Lage in Israel/Palästina dar. Wir möchten lediglich auf Aspekte unseres langjährigen Schwerpunktes – Racial profiling & Polizeigewalt in Deutschland – eingehen und daran erinnern, dass wir ansprechbar bleiben bei Vorfällen von Polizeibrutalität.
Wir als copwatch ffm beobachten mit Schmerz und Fassungslosigkeit die zunehmenden Opferzahlen in Palästina und Israel und die große Zerstörung, die mit den weiteren Angriffen durch das israelische Militär gerade akut die Menschen und die Infrastruktur in Gaza bedroht. Und wir sind in Trauer mit allen Angehörigen der Toten und Verletzten und denen, die gerade Freund*innen und Familie verlieren, ob in Gaza, in Israel, der Westbank oder in Geiselhaft der Hamas.
Seit der Eskalation zwischen dem israelischen Staat und der islamistischen Terrororganisation Hamas, die tausenden israelischen und palästinensischen Zivilist*innen das Leben genommen und unerträgliches Leid ausgelöst hat, sehen wir auch eine zunehmende Gewalt der deutschen ‚Sicherheitsbehörden‘. Demoverbote, Racial Profiling und Forderungen nach Asylrechtverschärfung zeigen uns, wie die deutschen Behörden in gewohnter Manier ‚Sicherheit’spolitik betreibt, die rassifizierte/von Rassismus betroffene Menschen ins Visier nimmt.
Wir kritisieren das immense Racial Profiling und die Polizeigewalt im Zusammenhang mit mehrheitlich pro-palästinensischen Demonstrationen oder Mahnwachen. In Frankfurt und in anderen deutschen Städten wurde mit erheblicher Gewalt gegen zuvor verbotene und legale Demos vorgegangen. Im Zuge der verbotenen Demos kam es dazu, dass die Frankfurter Polizei Menschen brutal festnahm, die sie als Teilnehmer*innen der Demos identifizierten. Ob die Personen tatsächlich die Demos besuchen oder sich nur zufällig in der Nähe aufhielten, spielte keine Rolle. Dabei wurden in der rassistischen Logik des Racial Profilings Menschen aufgrund ihres Erscheinungsbildes unterstellt, Teil dessen zu sein.
Wir sehen an sich schon die Verbote von Demos kritisch, da sie einer ‚präventiven Sicherheitslogik‘ entspringen, die darauf abzielt Straftaten im Vorhinein zu verhindern. Das führt dazu, dass bestimmten Bevölkerungsgruppen einerseits das Begehen von Straftaten unterstellt wird und sie so in den Verdacht der Behörden geraten. Andererseits werden Menschen ihre Grundrechte genommen, ohne, dass strafrechtlich relevante Taten geschehen sind. Pro Palästinensischen Demos darf kein pauschaler Terrorverdacht und Antisemitismus unterstellt werden!
Wir wollen hier nochmal klar betonen: Wir verurteilen Hamas-Verherrlichungen und antisemitische Äußerung und Handlungen aufs Schärfste. Dass Juden*Jüdinnen Angst haben, auf Demos in Deutschland mitzulaufen und es immer wieder bei Demonstrationen für Palästina zu antisemitischen Äußerungen und fehlenden Reaktionen darauf kam, ist für uns mit unserer Arbeit nicht vereinbar.
Uns ist gleichzeitig wichtig, dass Menschen nicht unter Generalverdacht gestellt werden, wie es bei Verboten von Symbolen und Kufiyas gerade der Fall ist.
Während die Polizei bei Palästinasolidarität unter dem Vorwand der Antisemitismusbekämpfung mit enorm hoher Polizeipräsenz vor Ort ist und repressiv gegen Protest und Protestierende vorgeht, werden Demonstrationen von der Extremen Rechten seit Jahren und auch jetzt kaum verboten, was uns zeigt, dass hier das Vorgehen gegen Antisemitismus selektiv ist.
Die Repressionen seitens Staat und Polizei unterdrücken ebenso die Artikulation von Wut und Trauer und zerstören so kollektive Momente. So gibt es Videos und Zeug*innenberichte aus Berlin, in denen Polizeibeamt*innen Kerzen zerstören und somit ein Trauern unmöglich machen. Auch das ist eine Dimension von rassistischer Polizeigewalt und Racial Profiling, da der Staat klar trennt, welche Trauer konform und welche zu verhindern ist. Die Polizei entscheidet hier, welche Personen zu betrauern sind und welche nicht. Genauso, darf in Schulen antimuslimischer Rassismus nicht Grund sein, dass Minderjährige ohne Konsequenzen von Lehrer*innen attackiert werden. All das gehört in unser Verständnis von Racial Profiling. Dass der Staat nun darüber diskutiert, Menschen abzuschieben, die auf pro-palästinensischen Demos inhaftiert worden sind oder Kritik gegenüber dem israelischen Staat artikulieren, ist für uns unfassbar. Viele Betroffene von rassistischer Polizeigewalt sind ebenso von Abschiebung bedroht, so dass es für jene nun noch schwieriger wird, sich zu organisieren, zu protestieren und öffentlich zu trauern. Es zeigt uns wieder, dass wir dem deutschen Staat nicht vertrauen dürfen und uns gegenseitig schützen müssen.
Falls du selbst Gewalt von der Polizei erfahren hast, zögere nicht dich bei copwatchffm zu melden. Wir bleiben weiterhin Anlaufstelle für muslimische Menschen, jüdische Menschen, Palästinenser*innen und anderen Personen, die von rechter und rassistischer Polizeigewalt betroffen sind. Gerade jetzt müssen wir gut aufeinander aufpassen und zusammen bleiben!