Wieso Polizeimeldungen keine neutrale Quelle darstellen

Polizeimeldungen sind keine neutrale Quellen. Es handelt sich vielmehr um Pressemitteilungen einer staatlichen Einrichtung, z. B. einer Polizeiinspektion, eines Polizeipräsidium oder einer Kreispolizeibehörde. Daher sind ‚Blaulicht‘-Meldungen ein Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit, hinter der immer eine eigene Agenda und Interessen stehen.

Die Polizei ist selbst Akteur*in ihrer Meldungen. Eine differenzierte Berichterstattung liegt daher nicht in ihrem Interesse. Die Polizei ist parteiisch. Und ihre Pressemitteilungen sind es selbstverständlich auch.
Polizeimeldungen sollten kritisch geprüft werden. Es handelt sich nicht um objektive Tatsachenberichte, sondern um eine subjektive Darstellung einer Partei, die selbst in einen Vorgang involviert ist.

Leider nutzen viele Medien Polizeimeldungen als „privilegierte Quellen“ und übernehmen die Informationen oft völlig unkritisch. Teilweise werden die Meldungen auch einfach komplett kopiert oder lediglich etwas sprachlich angepasst. Dadurch werden Narrative der Polizei unhinterfragt weiterverbreitet.

Dass diese Übernahme der Polizeiperspektive auch bis in die höchsten Ebenen politischer Amtträger*innen geht, haben wir am Beispiel des Mordes von Mouhamed Lamine Dramé durch die Dortmunder Polizei gesehen. Erst durch die unermütliche Arbeit für Aufklärung und Gerechtigkeit des Solidaritätskreises und kritischen Medienberichten konnte gezeigt werden, dass von Mouhamed keine Gefahr ausging und es sich nicht um eine Notwehrhandlung der Polizei handelte. Gibt es jedoch keine Videoaufnahmen oder zufällige Beweise, wie der Telefonmitschnitt des Notrufes in Dortmund, bleibt die Polizeidarstellung quasi ausnahmslos unhintefragt.

Als Exekutive sollten Pressemitteilungen der Polizei mindestens genauso kritisch eingeordnet und hinterfragt werden, wie Pressemitteilungen von Ministerien & Politiker*innen. Informationen über im Einsatz mutmaßlich verletzte Polizeibeamt*innen oder die vermutete Gewaltbereitschaft einer angemeldeten Versammlung berühren immer auch polizeiliche Interessen wie die personelle Ausstattung oder die Rechtfertigung von Maßnahmen. Die Polizei ist eine gesellschaftliche Akteurin, die nicht gerade für ihre Selbstreflexion und das Zugeben von Fehlern & Missständen bekannt ist, sondern ihre eigene Agenda verfolgt.

In den Sozialen Netzwerken kommuniziert die Polizei außerdem auch häufiger direkt mit Follower*innen. Viele Polizeistationen haben inzwischen eigene Social-Media-Teams. Auf Twitter und Co. präsentieren sich die Beamt*innen als jung, locker und jugendlich, um Stimmung und Meinung zu machen. Die Polizei hat keinen behördlichen Auftrag mit Ironie und lustigen Geschichten in Sozialen Netzwerken für Unterhaltung zu sorgen.

Polizeimeldungen und insbesondere Social Media Beiträge der Polizei sind ein eigenes Medianangebot, mit denen diese Institution Nutzer*innen unmittelbar erreicht. Anordnungen, lustige Videos, Empfehlungen und kuratiere Inhalte stehen nebeneinander. Dadurch kommt es zu einer Vermischung von behördlichen Informationen und PR. Umso wichtiger ist daher eine journalistische Kontextualisierung der polizeilichen
Öffentlichkeitsarbeit.

Die Polizei verbreitet in ihren Pressemitteilungen auch Falschmeldungen. Und sind diese erstmal publiziert und von anderen Medien umhinterfragt kopiert, kann dies gerade für Betroffene von rassistischer Polizeigewalt sehr belastend sein.

Wir fordern:
– Medien sollen nicht als Verteiler für Polizeimeldungen fungieren.
– Kritische Berichterstattung über Fälle von Polizeigewalt.
– Eigene Recherche von Journalist*innen statt bloßes Abschreiben.
– Die Einhaltung journalistischer Sorgfaltspflicht.
– Solidarität für Betroffene von rassistischer Polizeigewalt in den Kommentarspalten von unkritisch übernommenen Polizeimeldungen.