Urteil zu Racial Profiling

Ausweiskontrolle wegen Hautfarbe? Neue Schlappe für die Polizei

Rheinland-Pfalz. Neuer Prozess wegen einer Polizeikontrolle bei
Deutsch-Afrikanern: Ein Ehepaar aus Mainz machte im Januar 2014 mit
seinen beiden Kindern einen Ausflug, fuhr mit der Mittelrheinbahn in
Richtung Köln – und musste im Zug plötzlich drei Bundespolizisten seine
Ausweise zeigen. Das Ehepaar klagte. Die Frage ist: Werden Menschen mit
dunkler Hautfarbe stigmatisiert?

Von unserem Redakteur Hartmut Wagner

Der Mann (37) und die Frau (34) stammen aus Westafrika, leben aber seit
20 Jahren in Deutschland und sprechen sehr gut Deutsch. Sie fühlen sich
von der Polizei stigmatisiert, werfen ihr vor, sie nur wegen ihrer
dunklen Hautfarbe kontrolliert zu haben. Die Polizei hält dagegen,
derartige Kontrollen seien notwendig, um unerlaubte Einreisen nach
Deutschland zu verhindern.

Jetzt haben die Eheleute die Bundespolizei verklagt – und vor dem
Verwaltungsgericht Koblenz einen juristischen Sieg errungen. Das Gericht
unter Vorsitz von Vizepräsident Klaus Meier ließ im Prozess keinen
Zweifel daran, dass es die Ausweiskontrolle in diesem Fall für
rechtswidrig hält. Und es brachte eine Argumentation dafür vor, die
viele Juristen überraschen dürfte.

Darum geht es: Die Bundespolizei begründet die Ausweiskontrolle mit dem
Kampf gegen Schleuserbanden und illegale Einwanderer. Sie beruft sich
auf das Bundespolizeigesetz. Darin heißt es unter anderem,
Bundespolizisten können „zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter
Einreise in das Bundesgebiet“ die Ausweise Zugreisender kontrollieren.
Aber: Das Gericht ist der Ansicht, dass damit die Überprüfung des Paares
nicht legitimiert werden kann. Denn die Bahnstrecke Mainz-Köln könne
nicht zur illegalen Einreise genutzt werden, da sie nur über deutsches
Staatsgebiet verläuft. Auf der Strecke sei vielleicht eine illegale
Weiterreise möglich – etwa nach Ankunft auf dem Flughafen Frankfurt.
Aber das Gesetz rechtfertigt nur Kontrollen zum Kampf gegen illegale
Ein-, nicht aber Weiterreisen.

Diese Argumentation ist neu: 2012 befassten sich Koblenzer
Verwaltungsrichter mit einem ähnlichen Fall (Az.: 7 A 10532/12.OVG).
Damals fuhr ein Deutsch-Afrikaner (26) mit dunkler Hautfarbe im Zug von
Kassel nach Frankfurt. Er wurde von Polizisten kontrolliert und
verklagte sie, weil er sich diskriminiert fühlte. Er scheiterte am
Verwaltungsgericht, erhielt aber am Oberverwaltungsgericht recht. Beide
Gerichte befassten sich nur mit der Frage, ob die Kontrolle wegen der
Hautfarbe erfolgen durfte – nicht ob sie grundsätzlich illegal war.

Im aktuellen Prozess argumentierten die Vertreter der Polizei, die
Kontrolle sei rechtmäßig, weil die Strecke Mainz-Köln oft von Schleusern
genutzt werde. Doch sie konnten dies nicht substanziell belegen. Und für
die Haltung des Gerichts spielte es auch keine Rolle mehr. Es legt sein
schriftliches Urteil (Az. 1 K 294/14.KO) in einigen Wochen vor.

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Racial Profiling heißt Identitätskontrollen aufgrund von Hautfarbe, Herkunft oder Religion, ohne Indiz auf Strafbestände.