Soli-Kreis Gründung: Justice for Biriq!

Biriq wurde 2022 von der Polizei in einem Hotel im Frankfurter Bahnhofsviertel erschossen. Ein weiterer Tod durch deutsche Polizeibeamt*innen unter ungeklärten Umständen, den niemand so richtig zu interessieren scheint und das Gericht als Notwehr abtut. Das wollen wir ändern – deshalb gründen wir einen Solikreis und wir brauchen Hilfe dabei! Kontaktiert uns per Mail wenn ihr beim Solikreis mitmachen, spenden oder anderweitig unterstützen möchtet, wir freuen uns!

solikreisbiriq [at] systemli.org

Biriq was shot dead by the police in a hotel in Frankfurt’s Bahnhofsviertel in 2022. Another death by German police officers under unexplained circumstances that nobody really seems to care about and the court dismisses as self-defense. We want to change this – that’s why we’re setting up a solidarity group and we need help! Contact us by email if you would like to join the solidarity group, donate or support us in any other way, we appreciate every help!

solikreisbiriq [at] systemli.org

Statement: Binnengrenzkontrollen an allen deutschen Landgrenzen

Wir sind beunruhigt über die Entscheidung der Bundesregierung, stärkere Grenzkontrollen einzuführen. Als Copwatch Frankfurt stellen wir uns entschieden gegen die kürzlich eingeführte Verschärfung der Grenzkontrollen. Statt auf Solidarität und die Bekämpfung globaler Fluchtursachen wie Krieg, Armut und Klimakrisen zu setzen, wird auch in der deutschen Bundesregierung eine Politik der Abschottung vorangetrieben – mit Applaus von Europas ultrarechtem Rand.

Die Ausweitung von Grenzkontrollen, die anlasslose Überprüfungen erlauben, öffnet Tür und Tor für noch mehr Racial Profiling. Das ist institutionelle Diskriminierung, die die bereits bestehenden rassistischen, ableistischen, sexistischen und klassistischen Strukturen weiter festigt. Diese aktuelle Politik der Versicherheitlichung – der Fokus auf Repression, Überwachung, Kontrolle und Einsperrung – trägt nichts zur tatsächlichen Verhinderung von Gewaltverbrechen bei. Sie fördert vielmehr eine Kultur der Ausgrenzung und Angst, während die eigentlichen Ursachen von Unsicherheit, wie Armut und soziale Ungleichheit, ignoriert werden. Die steigende Polizeipräsenz bedeutet keine Sicherheit für alle Menschen, sondern verstärkt die Bedrohung für diejenigen, die tagtäglich rassistische Polizeikontrollen und Gewalt erleben.

Die Verschärfung des Asylrechts, Abschiebeoffensiven und das geplante „Sicherheitspaket“ der Bundesregierung sind Teil einer gefährlichen Entwicklung, die nicht nur europäisches Recht verletzt, sondern auch die humanitären Verpflichtungen Deutschlands verrät. Unter dem Vorwand der ‚Terrorismusbekämpfung‘ werden seit Monaten Präsenz und Befugnisse der Polizei im öffentlichen Raum ausgeweitet. Palästina-Solidaritätsaktionen werden kriminalisiert und ihnen wird pauschal eine Islamismus-Gefahr unterstellt. Das befeuert antimuslimischen Rassismus in der Gesellschaft.

Statt die Gefahr rechter und islamistischer Gewalt ernst zu nehmen und gegen organisierte Strukturen vorzugehen, wird ein Bild gezeichnet, in dem migrantische, arabisch und muslimisch gelesene Menschen zur Gefährdung gemacht werden. Diese rassistischen Erzählungen und die praktische Politik der Bundesregierung rechtfertigen illegale Zurückweisungen von Menschen, wie beispielsweise nach Afghanistan, sowie die pauschale Inhaftierung von Schutzsuchenden, während gleichzeitig nationalistische und rassistische Strömungen in Europa befeuert werden.

Es ist empörend, dass die aktuelle Regierung, die einst als Fortschrittskoalition angetreten ist, nun einen politischen Kurs fährt, der Menschen in Not weiter entrechtet und die Grundlage für autoritäre Überwachungsstrukturen legt. Statt in Abschottung und Polizeistaat zu investieren, sollte die Bundesregierung endlich in soziale Sicherheit investieren. Mehr Ressourcen für soziale Absicherung, Arbeit, Bildung und Integration würden wesentlich mehr zur Sicherheit und Stabilität in unserer Gesellschaft beitragen als zusätzliche Polizist*innen an den Grenzen.

Wir kritisieren zutiefst die derzeitige Diskursverschiebung, die von Politik, Polizei und vielen Medien betrieben wird, und fordern stattdessen:

1. Solidarität mit Betroffenen von Racial Profiling und rassistischer Polizeirepression – Menschen, die täglich aufgrund rassistischer Kriterien kontrolliert und diskriminiert werden, müssen geschützt und unterstützt werden. Anstatt Überwachung und Kontrollen auszuweiten, brauchen wir effektive Mechanismen zur Bekämpfung von institutionellem Rassismus in der Polizei.

2. Stopp der Ausweitung und Abschaffung anlassloser Grenzkontrollen sowie der Kriminalisierung von Schutzsuchenden – Es darf keine weitere Kriminalisierung von Menschen auf der Flucht geben. Die Praxis, Menschen aufgrund ihres Aussehens oder ihrer vermeintlichen Herkunft zu kontrollieren und zurückzuweisen, muss beendet werden.

3. Investitionen in soziale Sicherheit statt in den Ausbau des Überwachungsstaates – Sicherheit entsteht nicht durch Polizeipräsenz und Repression, sondern durch den Abbau von Ungleichheiten, die Bekämpfung von Armut und soziale Unterstützung. Die Bundesregierung muss Ressourcen in soziale Maßnahmen, Prävention und Integration investieren.

4. Abkehr von der Politik der Versicherheitlichung – Sicherheitsmaßnahmen, die auf Überwachung und Repression setzen, lösen keine gesellschaftlichen Probleme. Die Politik muss den Fokus wieder auf Gerechtigkeit, Solidarität und die Beseitigung struktureller Ursachen von Unsicherheit legen.

5. Transparenz und Kontrolle der Sicherheitsbehörden – Die Macht der Sicherheitsbehörden darf nicht unkontrolliert wachsen. Wir fordern die Einrichtung unabhängiger Kontrollmechanismen, die Fälle von Polizeigewalt und Racial Profiling untersuchen und strenge Rechenschaftspflicht einfordern.

6. Weniger Polizeipräsenz in unseren Vierteln und auf den Straßen – Anstatt die öffentliche Sicherheit durch Polizeiüberwachung zu definieren, müssen alternative Formen der Konfliktlösung und des sozialen Zusammenhalts gefördert werden, die ohne Zwang und Einschüchterung auskommen.

Wir rufen dazu auf, sich gemeinsam gegen diese Entwicklung zu stellen und für eine gerechte und solidarische Gesellschaft einzutreten.

Gemeinsames Gedenken an Biriq (Amin F.) am 01. August 2024

Am 01. August wollen wir gemeinsam Biriq (Amin F.) gedenken.

Am 02. August 2022 wurde Biriq in einem Hotel in der Moselstraße im Frankfurter Bahnhofsviertel von der Polizei erschossen.
Es ist unerträglich, wie wenig Aufmerksamkeit die tödliche Polizeigewalt gegen Biriq erhält.
Wieder einmal wird das Handeln der Polizei gerechtfertigt und für eine tatsächliche Aufarbeitung besteht kaum Interesse.

**18:30 Uhr am Willy-Brandt-Platz**

Waxaa bishii 01da August aan si wadajir ah u xasuusaneynaa Biriq (Amin F.).

Bishii 02da August 2022, Biriq waxaa huteel ku yaalla Moselstraße ee ku yaalla aagga Frankfurt Saldhiga Tareenka waxaa toogtay booliiska.
Waa mid aan la aqbali karin sida yar ee feejignaanta loo siiyo rabshadaha booliiska ee dhimashada leh ee ka dhan ah Biriq.
Mar kale waa la aqbalay falalka ay booliiska geysteen iyadoo aan wax dan ah laga laheyn in si dhab ah loo baadho.

**6:30 p.m ee Willy-Brandt-Platz**

On august 1st we want to come together to remember Biriq (Amin F.).

On august 2nd, 2022 Biriq was shot dead in a hotel on Moselstraße in Frankfurt’s Bahnhofsviertel by the police.
It is unbearable how little attention the deadly police violence against Biriq receives.
Once again, the actions of the police are justified and there is hardly any real interest in an actual investigation.

**6:30 pm at Willy-Brandt-Platz**

Wir gedenken Christy Schwundeck

Christy wurde heute vor 13 Jahren von einer Polizistin im Jobcenter Gallus in Frankfurt erschossen.

Die Initiative Christy Schwundeck setzt sich seitdem für Gerechtigkeit, Transparenz und Aufklärung ein. Copwatchffm hat sich aus der Initiative gegründet, an deren Kampf unsere Arbeit unmittelbar anschließt.

Heute gedenken wir Christy mit einem Gedicht von May Ayim :

dämmerung

fremde münder
werden schwacher trost
und tragen neue worte
auf den lippen
dein gesicht
in meinem herz
verblasst allmählich
wie ein müder
schatten

May Ayim, 3.3.1995 in: „Euer Schweigen schützt Euch nicht“ von Peggy Piesche (Hg.)

Aufruf zur solidarischen Prozessbegleitung am 02. April 24 zu einem Fall rassistischer Polizeigewalt

Kommt zur Berufungsverhandlung des Verfahrens aus dem Juli 2023 zu einem Fall rassistischer Polizeigewalt. Schon damals waren wir mit einigen solidarischen Menschen vor Ort. Immernoch sind wir wütend und bestürzt, die immer gleichen Muster von Diskriminierung, Anfeindungen, körperlicher Gewalt und Machtmissbrauch zu beobachten. Ebenfalls wie gewöhnlich betreiben die Beamten eine Täter-Opfer-Umkehr und zeigen die von ihnen misshandelten Personen ihrerseits an. Die Vorwürfe sind immer die gleichen: Beleidigung, Widerstand, Körperverletzung.

Wir sind solidarisch mit der Angeklagten und wollen sie nicht alleine lassen, während sie sich gegen die Vorwürfe der Cops und der Staatsanwaltschaft wehrt!

Am Dienstag, um 02.04.2024 um 11:00 Uhr in der Hammelsgasse 1 in Frankfurt, Raum 20 im 1. Obergeschoss, Gebäude E

Wenn möglich, kommt 10 Minuten vorher, um pünktlich im Saal zu sitzen.

In der Nacht zum 14. März 2024 ist unser Freund und Mitstreiter Biplab Basu von ReachOut/KOP Berlin verstorben.

Danke Biplab, für die Liebe und Entschlossenheit, die du in die Welt gegeben hast! Das hast du ausgestrahlt und deiner Umwelt geschenkt. Danke für die Inspiration und das gute Beispiel, das du uns politisch und menschlich gegeben hast. So lebst du in unseren Herzen weiter.

Unser herzliches Beileid allen, die ihm nahestanden. 🌹

Tötung eines Menschen in psychischer Ausnahmesituation durch die Frankfurter Polizei

Stellungnahme von copwatchffm, dem Frankfurter Forum für psychische Krisenbewältigung und Fridays for Future Frankfurt

Am 30. Januar 2024 wurde ein 40-jähriger Mensch in Frankfurt-Sachsenhausen von Beamten der Frankfurter Polizei getötet.

Zuvor hatte er mit einem Messer zwei Frauen attackiert und eine von beiden verletzt. Beide Frauen konnten sich nach dem Angriff glücklicherweise in Richtung eines Hotels retten.

Nach Eintreffen am Tatort machten gleich drei (!) Beamte von ihrer Schusswaffe Gebrauch. Und zwar so, dass nicht nur der 40-Jährige derart am Oberkörper getroffen wurde, dass er kurz darauf verstarb. Auch eine unbeteiligte Person wurde (vermutlich durch einen Querschläger) verletzt.

Im vorläufigen Obduktionsberichts spricht die Staatsanwaltschaft nur davon, dass ein Schuss in die linke Brust todesursächlich gewesen sei. Unklar ist, ob die Person noch von weiteren Schüssen getroffen wurde. Anwohner*innen hatten Pressevertreter*innen gegenüber übereinstimmend von vier Schüssen berichtet.

Für uns stellen sich viele Fragen:

  • Wieso haben die beteiligten Beamten in einer Situation, in der sie deeskalieren und für mehr Sicherheit sorgen sollten, einen Menschen getötet und einen weiteren verletzt?
  • Wieso war, der tödlichen Folge nach zu urteilen, keine Person vor Ort, die im Umgang mit Menschen in psychischen Krisensituationen erfahren und kompetent ist? Wieso wurde keine entsprechende Person hinzugezogen?
  • Mit welchen Vorstellungen gingen die Beamten in den Einsatz? Hat der Umstand, dass sie sich mit einer migrantischen und rassifizierten Person konfrontiert sahen, ihre Entscheidung zur Gewaltanwendung beeinflusst?
  • Da der getötete Mann in einer betreuten Einrichtung für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen lebte, stellt sich auch die Frage nach der psychiatrischen Versorgung in Frankfurt. Gab es vorab Anzeichen einer akuten Krise und wenn ja: wie wurde damit umgegangen?

Leider sind diese Fragen schwer zu beantworten, weil in Frankfurt bislang keine Transparenz darüber angestrebt wird.

Der Gemeindepsychiatrische Verbund, der schon seit langem in Planung ist, soll bald zwar endlich erstmalig einberufen werden. In dem in Frankfurt dem Namen nach nicht bekannten Gremium nach PsychKHG § 6 Absatz 3 mit seinen „Koordinierungstreffen“ von Sozialpsychiatrischem Dienst, Kliniken, Ordnungs-behörden, Amtsgericht und Psychiatriekoordinatorin, das primär dafür zuständig wäre, sind Selbsthilfe oder Angehörige jedoch gar nicht erst vertreten.

Auf eine eher allgemein gehaltene Liste mit Nachfragen zu den gemeindepsychiatrischen Hintergründen der Tat erklärte das Dezernat für Gesundheit und Soziales der Stadt Frankfurt, der Vorfall sei „noch nicht im Detail aufgeklärt“, will aber die Fragen danach beantworten.

Wir fordern:

  • Wir fordern eine transparente Aufklärung der Umstände, die zu dem Tod des 40-Jährigen führen konnten. Die Aufklärung soll durch unabhängige Stellen erfolgen.
  • Die an dem Einsatz, aber auch an der Aufklärung beteiligten Verantwortlichen sollen sich kritisch mit der eigenen rassistischen und/oder ableistischen Sozialisierung auseinandersetzen.
  • Wir fordern entsprechende Konsequenzen, die dafür sorgen, dass sich solche „Einzelfälle“ endlich nicht mehr wiederholen! Wir fordern, dass dabei Betroffenen, Angehörigen, Selbstorganisationen und Selbsthilfe zugehört, ihren Erfahrungen geglaubt und sich an ihren Bedürfnissen und Einschätzungen orientiert wird.
  • Wir fordern die Einrichtung eines aufsuchenden 24h/7d-Krisendienstes, denn psychische Krisen halten sich nicht an Bürozeiten!
  • Wir fordern die Einrichtung eines spezialisierten Krisendienstes, um Gefahrensituationen schnell und ohne Gewaltanwendung zu deeskalieren. Wir brauchen eine Alternative zur Polizei in diesen Situationen, da die eingesetzten Beamt*innen offenbar immer wieder überfordert sind und tödliche Gewalt anwenden.
  • Wir fordern eine an den Bedürfnissen der Nutzer*innen orientierte Verbesserung der therapeutischen und psychiatrischen Versorgung in allen Bundesländern und Kommunen.
  • Wir fordern eine kritische Reflexion der Berichterstattung über Menschen mit psychischen Erkrankungen und in psychischen Krisen.
  • Wir fordern eine konsequente Auseinandersetzung mit dem Rassismus innerhalb der Polizeibehörden und Innenministerien, anstatt das Thema immer wieder schönzureden und wegzuleugnen.

Kein Einzelfall

Der Tod des 40-Jährigen, der am 30. Januar 2024 von Polizeibeamten erschossen wurde, ist kein Einzelfall.

In Frankfurt kommt es immer wieder zu Fällen von tödlicher Polizeigewalt gegen von rassistischer Diskriminierung betroffene Menschen in psychischen Ausnahmesituationen. So wurde Amin F. am 02. August 2022 in einem Hotelzimmer im Bahnhofsviertel von SEK-Einsatzkräften erschossen. Soner A. wurde am 22. Juni 2021 in seinem Wohnhaus in Frankfurt-Griesheim bei einem Polizeieinsatz getötet. Christy Schwundeck wurde am 19. Mai 2011 von einer Polizistin im Jobcenter Gallus erschossen.

Im Fall von Soner A. und Christy Schwundeck wurden die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen die Polizei ohne Konsequenzen eingestellt.

Dies sind nur einige von so vielen Menschen, die heute noch leben könnten, wenn anders auf ihre Krisensituation reagiert worden wäre.

Gemeinsames Statement zum Internationalen Tag gegen Polizeigewalt 2024

[CN: explizite Benennungen von (tödlicher) Polizeigewalt]

English Version: here

Alle Polizist*innen sind Grenzen. So in etwa lässt sich das übersetzen, bedeutet aber noch viel mehr. Die Polizei ist die Instanz, die Entrechtung und Ausgrenzung von Menschen anhand rassistischer, ableistischer, sexistischer und ökonomischer Kriterien im Alltag umsetzt. Am diesjährigen Internationalen Tag gegen Polizeigewalt, am 15.03.2024, soll es deswegen um die verkörperten Grenzen durch die Polizei gehen.

Sie stellt die Unterscheidungen und Grenzziehungen durch Gewaltanwendung sicher und macht sie zum öffentlichen Spektakel. Das beginnt bei entwürdigenden Kontrollen, setzt sich fort in Strafverfolgung und Freiheitsentzug und endet tödlich. Manchmal stehen sie an nationalstaatlichen Grenzen, sehr häufig sind diese Grenzziehungen aber beweglich und willkürlich. Sowohl in Grenzregionen als auch außerhalb von Deutschland bewegt sich die Bundespolizei mit Pushbacks und Abschiebungen frei von rechtlichen und ethischen Grenzen, um die Staatsmacht mit aller Gewalt an people on the move eskalieren zu lassen.

Diese Grenzen ziehen sich aber auch durch unsere Städte, wenn die Polizei mit ihrer rassistischen Praxis weiter Menschen kriminalisiert. Dabei spielt die Konstruktion vermeintlicher Gefahren und bereits bestehendem Gadjé-Rassismus, antimuslimischem Rassismus, anti-Schwarzem Rassismus, “Clan”kriminalisierung sowie Kriminalisierung von wohnungslosen oder prekär lebenden Menschen, Menschen mit Behinderung oder Menschen ohne Papiere und ihre Verschränkungen eine zentrale Rolle. Diese Kriminalisierung und alltägliche Gewalt bedeuten eine Grenzziehung durch unsere Städte, die Orte für uns alle unterschiedlich sicher und zugänglich machen. Sie finden Ausdruck in Kontrollen im öffentlichen Raum, Deklarierung von gefährlichen Orten, Zwangsräumungen oder auch der Kriminalisierung migrantischer Selbstorganisationen und dem Verbot ihrer Symbole.

Und die Polizei tötet. Teilweise nur im Abstand von Tagen hören wir von Todesfällen in Polizeigewahrsam, von Menschen, die in ihren Wohnungen oder auf den Straßen erstickt, mit Tasern umgebracht oder mit Schusswaffen getötet wurden, von Menschen, die aus Angst vor einer Abschiebung auf der Flucht gestorben sind oder sich das Leben genommen haben. Viel zu selten kennen wir ihre Namen, fast nie hören wir ihre Geschichten. Fast immer sind es Rassismusbetroffene, oft Menschen mit Fluchtgeschichte und unsicherem Aufenthaltsstatus, Menschen in prekären Lebenslagen, Menschen in psychischen oder sozialen Ausnahmesituationen. Das ist kein Zufall, sondern System.

Überleben Menschen eine solche gewaltvolle Begegnung mit der Polizei, dann tragen sie tiefe Verletzungen davon – physisch und mental – und zudem droht ihnen nicht selten Knast oder Abschiebung. Den Polizist*innen droht oft gar nichts.

Aber nicht allein die Polizei und andere staatliche Institutionen, wie Gefängnisse, Zwangspsychiatrien, Ausländerbehörden oder die Jobcenter sind verantwortlich für diese Grenzziehungen und Ausgrenzungen. Auch der tief verwurzelte Alltagsrassismus, der unsere Gesellschaft durchzieht, spielt ein Rolle. Dazu gehört, dass Menschen im Alltag selbst Polizei spielen oder zu ihrer Kompliz*in werden, u.a. indem sie die Polizei rufen. Oder auch indem sie unberührt vorbei gehen und wegsehen, wenn Menschen vertrieben, aus ihren Wohnungen zwangsgeräumt oder im öffentlichen Raum kontrolliert und gedemütigt werden.

Wir sehen auch, dass in ganz Europa rechte Parteien auf dem Vormarsch sind und mit ihrer Hetze ein Klima der Angst und des Hasses schüren gegenüber allen, die nicht in ihr völkisch-nationalistisches Weltbild passen. Statt für das Recht auf ein menschenwürdiges Leben für alle einzustehen, wird die Abschottung Europas weiter vorangetrieben. Für alle die es über die gefährlichen Fluchtrouten bis an die Grenzen Europas geschafft haben, bedeutet das nach der neuen GEAS-Reform ab 2026, dass sie für die Dauer ihres Asylverfahrens unter Haftbedingungen an den Außengrenzen festgehalten werden. Das Recht auf Asyl wird nach und nach ausgehöhlt bis fast nichts mehr davon übrigbleibt. Da immer mehr Staaten als „sicher“ eingestuft werden, können Menschen schneller dorthin abgeschoben werden.

In Deutschland beobachten wir seit den 90er Jahren, wie auf den Aufschwung rechter Parteien und rechten Terrors immer wieder mit Asylrechtsverschärfungen geantwortet wurde. In diesem Klima rechter Hetze agiert auch die Polizei, die als Teil des rassistischen Systems Ausgrenzung ganz praktisch an den deutschen und europäischen Außengrenzen betreibt. Es ist eine neue Normalität, dass die deutsche Bundespolizei mit rechtswidrigen Pushbacks Menschen an der Grenze zu Polen, Tschechien und Österreich abweist und zurückschickt. Gemeinsam mit Frontex schottet die deutsche Bundespolizei mit zahlreichen Beamt*innen die EU ab – durch Pushbacks, brutale Gewalt und gezielte unterlassene Hilfeleistung an den Außengrenzen.

Alle Polizist*innen sind Grenzen – sie setzen die systematische Ausgrenzung sowohl im Inneren als auch an den Außengrenzen in die Praxis um und entwickeln sie mit immer neueren gewaltvolleren Praxen selbst weiter. Es ist die gleiche Polizei, die Menschen abschiebt, Menschen auf den Straßen zusammenschlägt, erschießt, in Gewahrsam ermordet oder an den EU-Außengrenzen ins Nirgendwo aussetzt, erfrieren und verhungern lässt.

we look out for each other.

Auf die Grenzziehung und die Polizei gibt es nur die Antwort einer solidarischen Organisierung und gegenseitigen Unterstützung. Wenn wir aufeinander aufpassen und uns zusammen schließen, können wir der systematischen Ausgrenzung Einhalt gebieten.

Dazu gehört in den Grenzregionen people on the move zu unterstützen und die Militarisierung von Frontex, von Grenzen und Polizei zu verhindern. Dazu gehört in der Nachbarschaft und auf der Straße die Polizei selbst auszugrenzen und unser Leben selbst in die Hand zu nehmen.

Beobachtet, filmt, schreitet ein, wenn ihr die Polizei im Einsatz seht! Lasst sie nicht unbeobachtet, denn schon viel zu oft haben sie bewiesen, dass ihnen bestimmte Leben nichts wert sind!

remember.

Seit dem 15.03.2023 wurden in Deutschland mindestens 16 Personen durch rassistische (Polizei-) Gewalt getötet. Deshalb erinnern wir heute an:

Hogir Alay
Ibrahima Barry
Gizo Brigvadze
Vitali Novacov
Ertekin Özkan

…und die mindestens elf weiteren Personen, deren Namen nicht bekannt sind.

Schließen wir uns zusammen im Kampf gegen Polizeigewalt – denn

All Cops Are Borders!

Wir sind ein bundesweites Bündnis aus verschiedenen Initiativen, die sich anlässlich des Internationalen Tages gegen Polizeigewalt (#15MRZ) zusammengeschlossen haben. Wer wir sind, was uns beschäftigt und was wir machen, erfahrt ihr hier. Gemeinsam aktiv gegen rassistische Polizeigewalt!